Am Donnerstag, den 09. November 2023, fand in der Orangerie der Vortrag über kulturwissenschaftliche Pflanzenstudien „The Plant Horror Picture Show: Vom Paradiesgärtlein zur grünen Hölle“ von Dr. Judith Elisabeth Weiss statt.
Das Reich der Flora sorgt seit jeher für glückhafte Momente. So gilt der Garten als Paradebeispiel des harmonischen Miteinanders von Pflanzen, Tieren und Menschen, die das Refugium bewohnen. Gärten verströmen Ruhe und Frieden und verheißen mit ihrer Farbenpracht, ihren Blumendüften und frischen Gräsern Lebendigkeit und Glück. Sie eröffnen Räume des Staunens und der Kontemplation. Dabei entfaltet sich das Naturschöne als exemplarische Erfahrung eines gelingenden Lebens. Doch wie zuverlässig ist der eingezäunte Ort der guten Natur? Mit Blick in die Kulturgeschichte zeigt sich jenseits des Gartenzauns eine ganz andere Geschichte der Verflechtung von Pflanzen und Menschen: Literatur, Film und Kunst ergänzen die schöne Blume und die gute Natur um das Bedrohliche und Heimtückische. Sie lassen Pflanzen wuchern, die sich fortbewegen, die verführen, jagen, fressen und töten. Diese werden schlicht zu „Blumen des Bösen“, wie sich der Verlust des paradiesischen Heils- und Glücksversprechens mit Charles Baudelaire umschreiben lässt. Mit Beispielen aus den Künsten beleuchtet der Vortrag, wie unsere Hingabe an Schönheit und Zartheit mit Momenten der Obsession, der Zerstörung und des Verlusts zusammenhängt.
Zur Vortragsreihe „Kulturwissenschaftliche Pflanzenstudien“:
Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Pflanzen ist längst nicht mehr allein Sache von Botanikerinnen. Auch die Literatur- und Kultwissenschaften nutzen mittlerweile neue botanische und philosophische Erkenntnisse, um etablierte Sichtweisen auf Pflanzen zu hinterfragen und auf dieser Grundlage die Rolle von Pflanzen in literarischen Texten und anderen kulturellen Medien in den Blick zu nehmen. Die Critical Plant Studies stellen so einen wesentlichen Beitrag der Geisteswissenschaften dar, das Verhältnis zwischen Menschen und anderen Lebewesen neu zu denken und zeigen beispielhaft, wie künstlerische Ausdrucksformen in Zeiten des globalen Klimawandels und der Zerstörung von Artenvielfalt dazu beitragen können, Zukunft und Zusammenleben (neu/anders) zu denken.
Referentin Dr. Judith Elisabeth Weiss ist promovierte Kunsthistorikerin und Ethnologin und Autorin des Buchs „Disziplinierung der Pflanzen. Bildvorlagen zwischen Ästhetik und Zweck“ (2020).
Die Vortragsreihe wird in Kooperation mit Frau Prof. Dr. Birgit Spengler, Bergische Universität Wuppertal, Fakultät 1, Amerikanistische Literaturwissenschaft, durchgeführt und 2024 fortgesetzt.