07/2020 Solanum lycopersicum L.
Infoschrift zur Tomate: Beschreibung und Botanik / Herkunft / Anbau und Pflege / Inhaltsstoffe / Gesundheitliche Aspekte / Aufbewahrung / Die Praxis / Rezepte aus der Vollwertküche
Beschreibung/Botanik:
Die Tomate ist verwandt mit der Kartoffel (Solanum tuberosum), der Paprika (Capsicum annuum) und der Aubergine (Solanum melongena). Aber auch mit der Tollkirsche, der Alraune, der Engelstrompete, der Petunie und dem Tabak. Die heutige Bezeichnung Tomate erhielt sie erst im 19. Jahrhundert, abgeleitet aus der Aztekensprache (Tomatle = Schwellfrucht oder Tomatl = dickes Wasser). Weitere Namen sind: Paradiesapfel und Liebesapfel. Die als Gemüse verwendete meist rote Frucht, die eine Beere ist, wird als Tomate bezeichnet.
Die krautige Tomatenpflanze ist meist ein- oder zweijährig, manchmal auch ausdauernd und wächst anfangs aufrecht, später niederliegend und kriechend (sie kann auch hochgebunden werden). Ihre Triebe/Zweige können bis zu 4 m lang werden, die grünen Stängel sind fein behaart und haben einen Durchmesser von 10 – 14 mm. Die Behaarung besteht aus einfachen, einzelligen Trichomen, die bis zu 0,5 mm lang werden, sowie spärlich verteilten mehrzelligen Trichomen mit bis zu 3 mm Länge, die der Pflanze den starken Geruch verleihen. Die unterbrochenen, unpaarigen, gefiederten Laubblätter, ca. 20 – 35 cm lang und ca. 7 – 10 cm breit, sind beidseitig spärlich behaart.
Die Blütenstände, bestehend aus 5 bis 15 Blüten, sind meistens ungeteilt oder selten in 2 Triebe gespalten und werden bis zu 10 cm lang. Der Blütenstandstiel ist unter 3 cm und ähnlich den Stängeln behaart. Das äußere Drittel der Blütenstiele ist gelenkartig abgeteilt. Die gerade konisch geformten Knospen sind 0,5 – 0,8 cm lang und 0,2 – 0,3 cm breit. Die leuchtend gelbe, fünfblättrige Krone hat einen Durchmesser von 1 bis 2 cm (in einigen Kulturformen auch mit mehr als 5 Zipfeln besetzt).
Die aus 2 Fruchtblättern gebildete Frucht ist eine Beere und weist 2 Kammern mit zahlreichen Samenanlagen auf, die über ein mittig gelegenes plazentales Gewebe verbunden sind. Die kugeligen, birnenförmigen oder ovalen Früchte reifen aufgrund des Carotinoidgehalts und durch das Lycopin zu einem kräftigen Rot, Gelb oder Dunkelorange ab und sind zunächst behaart, bei der Reife aber verkahlt. Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 24.
Herkunft
Das Ursprungsgebiet der Tomate ist Mittel- und Südamerika. Wildformen sind auch von Nordchile bis Venezuela verbreitet und beheimatet. Die ursprüngliche Domestikation der Tomate ist nicht eindeutig geklärt (Peruanische und Mexikanische Hypothesen). Die größte Vielfalt von kultivierten Tomaten ist in Mittelamerika zu finden. Von den Mayas und anderen indigenen Völkern wurden etwa 200 v. Chr. bis 700 n. Chr. Tomaten kultiviert. Die ersten Tomatenpflanzen wurden Anfang des 16. Jahrhunderts vom Spanier Hernan Cortes nach der Eroberung Mexikos erstmals nach Spanien gebracht und in Anlehnung an ihren aztekischen Namen als „Tomate“ bezeichnet. Vor allem aus Italien stammen Anfang des 16. Jahrhunderts erste europäische Beschreibungen. Eine wichtige Rolle für die Ausbreitung der Tomate in das heutige Italien spielten spanische Besitztümer wie Sardinien oder Neapel. Heimkehrende Kolonisten brachten den Samen dieser neuen Früchte mit nach Spanien, von wo aus sie weiter nach Italien gelangten. Am 31. Oktober 1548 begann in Italien die Geschichte der Tomaten, als der toskanische Großherzog Cosimo de´ Medici erstmals einen Korb mit Tomaten von seinem Landgut erhielt. Das in den Niederlanden in Leiden aufbewahrte Herbarium „En Tibi Herbarium“ von ca. 1555 enthält einen Herbarbeleg für die älteste Tomate Europas. Es gibt auch Eintragungen von Dodoens und Gessner, dass Tomaten in Deutschland gut wachsen, früh reifen und dass die Früchte unterschiedliche Farben haben. Als Raritäten wurden Tomaten im 16. und 17. Jahrhundert in den Gärten der Oberschicht gepflanzt. In ganz Europa wurden Tomatenpflanzen vorwiegend als Zierpflanze genutzt, da man überzeugt war, dass die Pflanzen nicht essbar oder sogar giftig seien. Im Laufe des 17. Jahrhunderts, als die Medizin sich weiterentwickelte, änderte sich diese Haltung. Die Medici, in deren Familienwappen die Tomate abgebildet war, interessierten sich für den Verzehr. Obwohl es bereits 1544 von Mattioli ein Rezept für den Verzehr von Tomaten gab, wurden sie erst ab dem 17. Jahrhundert immer bedeutender. Der Koch des spanischen Vizekönigs von Neapel verfasste ca. 1658 ein Kochbuch in dem erstmalig Rezepte mit neuweltlichen Zutaten vorkamen. Die 3 Gerichte, in denen Tomaten vorkamen, wurden als „alla spagnola“ bezeichnet. Italien galt als Vorreiter für die Verwendung der Tomaten als Speisezutat in der Küche. Ab dem 17. Jahrhundert lernte man die Tomate immer mehr zu schätzen. Ende des 18. Jahrhunderts bezeichnete die „Encyclopaedia Britannica“ den Einsatz von Tomaten in der Küche als alltäglich.
In Deutschland war die Tomate um 1900 als Lebensmittel bekannt und wurde meist in Saucen, Suppen und Salaten verwendet. Jedoch hielten die Tomaten erst nach 1945 im großen Stil Einzug. 1961 wurden weltweit rund 28 Millionen Tomaten produziert. In den 90er Jahren kam mit der Flvr-Savr-Tomate leider die erste gentechnisch veränderte Tomate auf den Markt. Die negativen Auswirkungen auf Natur, Ökologie und Gesundheit für Menschen und Tiere sind nicht überschaubar bzw. noch nicht erforscht. In Deutschland wurde die (nicht manipulierte) Tomate vom Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V. zum Gemüse des Jahres 2001 gewählt.
Anbau und Pflege
Die Anzucht von Jungpflanzen kann bereits mit der Aussaat im März beginnen. Tomatenpflanzen brauchen viel Wärme und Sonnenschein. Der Boden sollte regelmäßig gelockert und gleichmäßig feucht gehalten werden. Tomaten wachsen im Topf (Kübel), im Beet, im Gewächshaus und im Freiland. Sie erfrieren bei einer Temperatur von minus 0,5 bis 1 Grad Celsius. Anders als die meisten Gemüse können Tomaten jedes Jahr am selben Ort kultiviert werden. Eine Mischkultur mit anderen Nachtschattengewächsen ist zu vermeiden. Günstig wirken sich Gartenkräuter, Kopfsalat, Radieschen, und Kohlarten als Partnerschaft aus. Näheres über Anbau und Pflege ist im Heft „Pflanze des Monats – Tomaten 06/2020“ zu finden.
Inhaltsstoffe:
95 % Wasser, Vitamine A (Ritinol), B1 (Thiamin), B2 (Riboflavin), B3 (Niacin), B5 (Pantothensäure), B7 (Biotin), B9 (Folsäure), C (Ascorbinsäure, ist in der Schale etwa dreimal so viel enthalten wie im Fruchtfleisch), E (Tocopherole), Mineralstoffe wie Kalium, Kalzium, Phosphor. Des weiteren Alpha- und Beta Carotin, Apfelsäure, Chlorogensäure, Citronensäure, Fettsäuren, Polysaccharide, Glykoalkaloide, Glykoproteine (z.B. Tomatidin in unreifen grünen Tomaten), Kohlenwasserstoff, Lignin (Stützbaustoff der verholtzen Pflanzenteile), Lutein (Pflanzenfarbstoff der zu Carotinoiden zählt), Lycopin (nur in roten Tomaten), die Spurenelemente Kupfer, Bor (wichtig für das Abwehrsystem und für die Bildung von Hormonen u. Vitamin D3), Chrom (wichtig für den Zuckerstoffwechsel), Silizium (Bestandteil jeder Zelle u. zweithäufigstes Element der Erde), Kobalt, Zink, Nickel, Phosphor,Tyrannin (biogenes Amin wie auch Histamin), Zeaxanthin (zählt zu den Carotinoiden), ätherische Öle (natürliche Kampfstoffe gegen Viren, Pilze und Bakterien).
Gesundheitliche Aspekte
Carotinoide mit dem höchsten gesundheitlichen Potenzial helfen DNA-Schäden zu vermindern. Die hautschützenden Carotinoide Beta-Curdin und Lycopin, die in ihrer Funktion als Antioxidantien die Pflanze vor der Sonne schützen, werden in der äußeren Haut eingelagert, wo sie (beim Verzehr) mit ihrer antioxidativen Wirkung die Reparatur sonnengeschädigter Zellen unterstützen. Deutsche Forscher und Studien der medizinischen Fakultäten der Tufts University und der Boston University entdeckten, dass eine carotinhaltige Kost dazu beitragen kann, einen lebenslangen Schutz vor schädlichen UV-Strahlen aufzubauen. Beta-Carotin und Lycopin sind in vielen roten und orangefarbenen Obst- und Gemüsesorten enthalten, aber in der Tomate sind beide vereint.
Aufbewahrung
Tomaten lassen sich am besten bei 13 – 18 Grad und einer optimalen Luftfeuchte von 80 – 95 Prozent lagern. So sind die Früchte bis ca. 14 Tage haltbar und verlieren kaum wichtige Inhaltsstoffe. Im Kühlschrank aufbewahrt verlieren sie deutlich an Geschmack, Textur und Haltbarkeit. Da Tomaten während der Lagerung das Gas Ethylen (wie auch bei den Äpfeln) ausscheiden, sollte man sie möglichst getrennt von anderem Obst und Gemüse lagern. Ethylen beschleunigt den Stoffwechsel anderer Früchte, so dass sie schneller reifen und auch verderben. Aber auch wenn die Tomate bei zu langer Lagerung dünner und schrumpeliger wird, ist sie nicht schlecht und kann trotzdem verzehrt werden.
Die Praxis
Die Tomate zählt zu den Fruchtgemüsen, wie Gurke, Paprikaschoten, Zucchini, Melone, Kürbis, Ananas. Obwohl die Tomate ein Lebensmittel ist, sind Blätter, Stielansatz und der grüne Teil der Frucht durch das darin enthaltene Tomatidin (entspricht dem Solanin der Kartoffel) schwach giftig bzw. unbekömmlich. Für die Zubereitung von Mahlzeiten die grünen Teile und den Stielansatz entfernen. Bei den von Natur aus grünen Tomaten, z.B. Green Zebra oder Zebrino reifen die Tomaten von innen nach außen (bei roten Tomaten ist es umgekehrt). Sie sollen nicht mehr Solanin/Tomatidin enthalten als die roten Tomaten und sind wahrscheinlich auf den Galapagos-Inseln gezüchtet.
Carotinoide hemmen Gewebewucherungen und damit auch die Vermehrung von Tumorzellen.
Lycopin stärkt die Reaktionsfähigkeit unseres Immunsystems und reduziert Entzündungsprozesse.
Freilandtomaten, möglichst erntefrisch gegessen, enthalten reichlich antioxidatives Vitamin C. Sie sollten weder enthäutet noch entkernt werden, denn in Schale, Kernen und der gallertartigen Masse, in der die Kerne eingebettet sind, steckt das meiste Vitamin C sowie auch Faserstoffe. Das Vitamin C trägt dazu bei, dass Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln so gut verwertet werden kann, wie das aus Fleisch, allerdings ohne schädliche Nebenwirkungen wie z.B. die Belastung der Leber und eine mögliche Krebsgefahr.
Eine tomatenreiche Ernährung (Feststellung einer britischen Auswertung 2017) schützt die Gefäße und wirkt sich positiv auf Blutfette und Blutdruck aus.
Der Schweizer Kräuterpfarrer Johann Künzle (1857 – 1945), für den die Natur der größte Lehrmeister war, entdeckte bei seinen täglichen Spaziergängen in den Bergen, dass manche Vögel ihr Nest mit Tomatenblättern auspolstern, sobald sie von Ungeziefer geplagt werden.
Rezepte
Tomatenkräuteraufstrich (vegan)
2 Tomaten, geviertelt
1 Zwiebel, geviertelt
100 g Sonnenblumenkerne
90-100 ml Wasser oder Gemüsebrühe
2 EL frische Petersilie und Basilikum, gehackt
1 EL Tomatenmark
1 TL Senf
Pfeffer, Kräutersalz (nichtjodiert), 1 Prise Rosmarin
Alle Zutaten im Mixer pürieren.
Tomatendip
1-2 weiße Zwiebeln
2 Knoblauchzehen
1-2 EL Olivenöl
100 g Tomaten
60 g Tomatenmark
1 TL Honig
Pfeffer, nichtjodiertes Salz
Zwiebeln klein schneiden und in Öl andünsten. Fein gehackten Knoblauch dazugeben und bei mittlerer Hitze ca. 2 Minuten dünsten. Tomatenmark unterrühren und weitere 2 Minuten dünsten. Mit Honig, Salz und Pfeffer würzen, dann die feingewürfelten Tomaten zugeben, alles gut verrühren und bei mittlerer Hitze 3 – 5 Minuten köcheln.
Tomatenketchup
1 Glas Tomatenmark (370 g)
1 EL Honig
3-4 EL natives Olivenöl
3 EL Apfelessig
Kräutersalz, Pfeffer und 1 TL Curry nach Geschmack
Alle Zutaten verrühren oder einfach direkt in ein Schraubglas füllen und kräftig schütteln.
Tomaten-Linsen-Salat
150 g Linsen (z.B. braune Linsen)
3/8 l Gemüsebrühe
2 EL Kräuteressig
3 EL natives Sonnenblumen- oder Olivenöl
1 rote Zwiebel
1 Knoblauchzehe
400 g Tomaten
Pfeffer, nichtjodiertes Salz, einige Stengel Thymian (frisch)
4 Scheiben Vollkorntoastbrot (oder anderes Vollkornbrot)
Linsen mit der Gemüsebrühe und einem Teil des Thymians aufkochen und mit Deckel ca. 1 Stunde weich garen. Anschließend in einer Schüssel mit dem Essig und 1 EL Öl vermischen. Lauwarm abkühlen lassen. Die Zwiebel und den Knoblauch hacken, die Tomaten kleinschneiden (Stielansätze entfernen). Das Brot in kleine Würfel schneiden und im restlichen Öl ca. 5 Minuten knusprig braten. Die Linsen mit Zwiebel, Knoblauch und Tomaten vermischen, mit Salz und Pfeffer abschmecken und mit den Brotstückchen und den restlichen Thymianblättern bestreuen.
Tipp: Wenn es schnell gehen soll, kann man auch rote Linsen mit einer Garzeit von 10 – 15 Minuten verwenden.
Tomaten-Gemüse-Soße
5 mittelgroße Tomaten
1 Zwiebel
1 kleine Zucchini
1 kleine Aubergine
1 TL Gemüsebrühe, etwas Öl zum Anbraten
½ TL Kräutersalz
2 EL frisches Basilikum
3 EL Sahne
50 g geriebener Hartkäse (kann auch weggelassen werden, stattdessen mit etwas gemahlenem Bockshornkleesamen oder anderen Gewürzen verfeinern)
Zwiebel fein würfeln und in etwas Öl andünsten. Die Tomaten in kleine Stücke schneiden und ebenfalls in die Pfanne geben. Nach 3 Minuten alles mit dem Stabmixer (in einem hohen Gefäß) pürieren. Das Gemüse in kleine Würfel schneiden und mit der pürierten Soße verrühren. Die Soße sollte nicht kochen. Mit 1 TL Gemüsebrühe und dem Kräutersalz abschmecken. Basilikum fein hacken und mit der Sahne in die Tomatensoße geben.
Schmeckt zu Nudeln, Reis und Kartoffeln.
Quellenangaben/weiterführende Links
- https://de.wikipedia.org/wiki/Tomate
- Hans-Werner Bastian, „Der erntefrische Küchengarten“, Naumann & Göbel Verlags GmbH, Köln
- Kurt Allgier, „4000 Jahre Naturheilkunde“, Kopp Verlag, 2014
- James A. Duke, „Heilende Nahrungsmittel“, Verlag Goldmann Arkana, 2010
- Constanze von Eschbach, „Die Alchemie der Pflanzen“, Kopp Verlag, 2019
- Horst Koehler, „Das praktische Gartenbuch“, Mohn & Co GmbH, Gütersloh, 1952 und 1957
- Werner Kollath, „Die Ordnung unserer Nahrung“, Karl F. Haug Verlag, 1998
- Christoph Needon, „Obst und Gemüse“, Verlag für die Frau, DDR Leipzig, 1980
Autorin:
Anna Telöken, Gesundheitsberaterin GGB www.gesundheitsberatung-teloeken.de
Zeichnungen und Fotos: Anna Telöken